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Sparmassnahmen BL: Sparen als politisches Programm

Autorenbild: juergsiegristjuergsiegrist

Aktualisiert: vor 6 Tagen

Seit heute ist in den Printmedien zu lesen: Der Kanton Baselland hat für das Jahr 2024 einen Gewinn von weit über hundert Millionen Franken verbucht. Diese Nachricht reiht sich in doch beachtlich viele verheerende Verzerrungen, die in den letzten Jahren in der Schweiz bei Finanzplanungen gemacht worden sind, ein. Die AHV-Defizite wurden auf nationaler Ebene falsch prognostiziert und auch in anderen Kantonen konnten recht grosse Gewinne verzeichnet werden, die zumindest teilweise im Vorfeld nicht so budgetiert worden waren.

Im Kanton Baselland haben jedoch die neuen Zahlen für mich auch einen etwas bitteren Nachgeschmack. Eigentlich sah es nämlich in den letzten Jahren finanziell nicht so schlecht aus. Die hohen Kosten der Pensionskassensanierung konnten früher als geplant in Angriff genommen werden und trotz aufwändiger Großprojekte wie der neuen Waldenburgerbahn und dem Neubau der Fachhochschule, die hunderte von Millionen Franken gekostet haben, sahen die Finanzen in den letzten Jahren recht stabil aus.

Bei der letzten Sparrunde, an die ich mich noch gut erinnern kann, wurden die Pensen der Lehrpersonen erhöht, die mittlerweile deutlich höher sind als in Basel, und die Altersentlastung an den kantonalen Schulen abgeschafft. Eigentlich war ursprünglich von temporären Maßnahmen die Rede, was aus heutiger Sicht schlicht als nicht glaubhaft angesehen werden muss. Als es dann nämlich finanziell wieder etwas besser ging, wurden nicht etwa die Maßnahmen wie versprochen wieder abgeschwächt, sondern sofort die Steuern gesenkt. Dementsprechend war die Zitrone im letzten Jahr schon stark ausgepresst, als plötzlich eher überraschend auf Grund eines ungeplanten Defizits wieder Sparmaßnahmen angekündigt werden mussten. Ich staunte nicht schlecht, als im letzten Herbst die Bildungsdirektion plötzlich massive Reduktionen im Bildungsbereich ankündigte. Es wurden Halbklassenunterricht gekürzt, Förderprogramme zusammengestrichen und Klassengrössen erhöht.

Noch einschneidender erscheinen mir jedoch Maßnahmen, die für die Sekundarstufe 1 angekündigt worden sind. Von den zwei Wahlpflichtfächern, die gewählt werden können, soll nämlich in Zukunft nur noch eines geführt werden, Für den Kunstbereich, der vor allem im Wahlpflichtbereich der Sekundarschule angesiedelt ist, wäre das eine einschneidende Maßnahme, die die Ausbildungsqualität in den kreativen und schöpferischen Schulfächern verheerend beschneiden würde.

Nun bin ich im Grunde eigentlich ein kooperativer Mensch. Das bedeutet, dass ich sehr wohl bereit bin, zurückzustecken und Einschränkungen in Kauf zu nehmen, wenn es die äußeren Umstände erfordern und es mir sinnvoll erscheint. Seit heute scheint es jedoch eher so zu sein, dass der finanzpolitische Druck im Baselbiet hausgemacht ist. Ich werde das Gefühl nicht los, dass die bürgerliche Seite des Landrats Sparprogramme verwendet, um ihr politisches Programm durchzusetzen. Am Schluss ist eben auch bei finanzpolitischen Fragen der politische Wille entscheidend. Soll die Volksschule tatsächlich noch mehr geschröpft werden? Was geschieht nun, wenn das Sparprogramm offensichtlich plötzlich nicht mehr zwingend ist? Wer profitiert nun von dem hohen Gewinn bei einem offensichtlich überalterten Parlament (Altersdurchschnitt 51)? Die Volksschule? Die Baubranche? Das Gesundheitswesen? Die Steuerzahlenden (und ja, ich gehöre auch dazu…)?

Die Politik verliert in der Öffentlichkeit mit derartigen Fehlprognosen an Glaubwürdigkeit. Es kann nämlich leider in Zukunft nicht davon ausgegangen werden, dass angesagtes Sparen, wirklich glaubhaft notwendig ist, sondern viel mehr zu einem politischen Programm gehört. Anders kann ich mir die jüngsten Ereignisse nicht erklären. Wenn man sich überlegt, welch verheerende Maßnahmen in der Volksschule bereits angesagt sind, muss von einem politischen Schlamassel gesprochen und es müssen dringend Gegenmaßnahmen gefordert werden. Sparen als politisches Programm mit linearen Kürzungen: Ein inhaltsloser, gefährlicher, unglaubwürdiger Prozess häufig auf Kosten derjenigen, die politisch keine Rechte haben und nichts zu sagen haben…


 
 
 

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