Regelmäßig wird momentan in den Medien über neue Entwicklungen in der Volksschule berichtet. Aktuell hat die Sonntagspresse Artikel mit Daten zu Arbeitszeiten veröffentlicht, die Eltern mit ihren Kindern wöchentlich mit Hausaufgaben verbringen würden. Es soll pro Tag und Elternteil mehr als eine Stunde sein…Wenn ich diese Statistiken betrachte, kriege ich ziemlich schnell ein schlechtes Gewissen, weil ich bisher immer davon ausgegangen bin, dass unsere Kinder ihre Hausaufgaben im Grundsatz selber erledigen sollten. Meine Rolle konzentriert sich eher darauf, darum besorgt zu sein, dass die Hausaufgaben überhaupt gemacht werden. Wenn Hilfe nötig ist, bin ich dann natürlich zur Stelle, ich sitze jedoch nicht regelmäßig neben den Kindern am Pult und mache auch wenig Kontrollen.
Es wird in der Bildungslandschaft viel von der sogenannten Bildungs- und Chancengerechtigkeit geschrieben. Vermutlich sind unsere Kinder mit meinem Hausaufgabenengagement demnach benachteiligt, weil andere Eltern gemäß Zeitungsberichten offensichtlich viel mehr Zeit für die Schulaufgaben ihres Nachwuchses investieren. Das meist größte Risiko, nicht wirklich mitzukommen, haben jedoch laut Bildungsbericht BL junge, fremdsprachige Männer. Tatsächlich dürfte die Selbstkompetenz im heutigen Schulsystem derart wichtig sein, dass Mädchen, die rollenbedingt häufig wesentlich pflichtbewusster sind, einen deutlichen Vorteil haben. Aus demselben Grund ist vermutlich auch der Frauenanteil an der FMS und am Gymnasium in den letzten Jahren deutlich angestiegen.
Auch wenn die Zahlen für sich sprechen, beobachte ich bisher in der Praxis wenig Dynamik, die schulischen Rahmenbedingungen zu ändern oder gewinnbringend weiterzuentwickeln. Dies dürfte dazu führen, dass längerfristig private Lösungen mehr Aufwind erhalten könnten, da dort die Klassen wesentlich kleiner und die Rahmenbedingungen und Betreuungen häufig besser sind. Zusätzlich haben Nachhilfekurse Hochkonjunktur. Die Volksschule wirkt auf mich je länger und mehr völlig überladen und ich beobachte regelmäßig, wenn ich dann mal genauer in die Aufgaben unserer Kinder reinschaue, dass sie damit völlig überfordert und alleine gelassen werden. Wie soll ich nun als Vater damit umgehen? Doch stundenlang dazusitzen, helfen und geduldig korrigieren? Wäre das nicht Aufgabe der Schule?
Ich bin selber als "Mittlerer" auch mit zwei Geschwistern aufgewachsen. Am Anfang haben unsere Eltern damals bei den Hausaufgaben noch mitgeholfen. Ab der dritten Klasse war das dann nur noch selten der Fall. Überfordert gefühlt habe ich mich selten. Ich kann mich jedoch einen „Schuss von der Kanzel“ von C.F. Meyer erinnern, der mir anfangs, obwohl ich gut lesen konnte, wie eine neue Fremdsprache vorkam. Das Grundgefühl, selber mit den gestellten Herausforderungen zu Recht zu kommen, ist vermutlich für meine persönliche Entwicklung sehr wichtig gewesen.
Heute, fast vierzig Jahre später, scheint sich die Situation grundlegend geändert zu haben. Die Kinder sind trotz massiv gestiegener Bildungskosten mehr auf unsere Unterstützung angewiesen, denn je und schwimmen teilweise orientierungslos in den vielfältigen und unübersichtlichen Anforderungen, die die Schule an sie stellt, umher. Wären wir nicht blöd oder gar Rabeneltern, wenn wir unsere eigenen Kenntnisse in dieser Situation nicht gewinnbringend für unsere Kinder einsetzen würden? Dabei gilt jedoch bei uns immer der Grundsatz: Versuch es zuerst mal selber…hoffentlich dank sinnvoll strukturierter, altersgemäßer Aufgabenstellung mit gutem Erfolg…
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