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Nichts für Kinder: Dido und Aeneas am Theater Basel

Aktualisiert: vor 6 Stunden

Foto: Ivo Höhn, Theater Basel
Foto: Ivo Höhn, Theater Basel

Vor einigen Jahren haben wir – wie viele andere – die Oper Dido und Aeneas am Gymnasium Muttenz aufgeführt. Die Inszenierung in der katholischen Kirche von Muttenz hat damals bleibende Eindrücke hinterlassen – so auch bei unserem mittleren Sohn, der etwa vier Jahre alt gewesen sein muss, als er die Oper zum ersten Mal sah. Nun steht Dido und Aeneas auch auf dem Spielplan des Theater Basel, und ich hatte ursprünglich geplant, unsere beiden Söhne gemeinsam mit einer Schulklasse in eine Vorstellung mitzunehmen.

Ich lege großen Wert darauf, mit meinen Musikkursen im Verlauf ihrer Ausbildungszeit mindestens einmal eine Musikaufführung zu besuchen. Die Oper Dido und Aeneas, die ich persönlich sehr gut kenne, schien mir aufgrund ihres Inhalts und ihrer Kürze besonders gut für einen solchen Besuch geeignet. Ein passender Termin war schnell gefunden. So war der Opernbesuch bereits im vergangenen Herbst – lange vor der Premiere – sorgfältig geplant, und ich war mir eigentlich sicher, der Klasse und unseren Söhnen mit Dido und Aeneas ein eindrückliches Kunsterlebnis bieten zu können. Für die Aufführung wurde zwar eine Altersbeschränkung ab sechzehn Jahren angegeben. Das erschien mir jedoch nicht weiter problematisch, da das Genre Oper ohnehin selten als gängige Kinderliteratur betrachtet wird.

Kurz vor dem geplanten Besuch las ich in einer regionalen Tageszeitung einen Bericht zur Premiere des Stücks. Laut dem Artikel wurde die Oper in Basel stark verfremdet und in eine surreale Welt zwischen Antike und Moderne verlegt, in der auch albtraumhafte Episoden mit sexuellen und gewaltähnlichen Motiven gezeigt werden. Das schien mir dann doch kein geeigneter Inhalt für einen zwölfjährigen Jungen zu sein – und so musste ich unseren beiden Söhnen unter Tränen mitteilen, dass der geplante Opernbesuch leider ins Wasser fällt und ich die Aufführung stattdessen alleine mit der Klasse besuchen würde.

Der Zufall wollte es, dass die betroffene Klasse das Berufsfeld Pädagogik der FMS besucht. Daher entschied ich mich, das Thema Jugendschutz im Unterricht aufzugreifen. Ich erzählte den Schüler*innen die Vorgeschichte unseres Besuchs und fragte, wie sie sich vor der Vorstellung fühlten. Alle zeigten sich wenig irritiert und waren gespannt auf ihr erstes Opernerlebnis.

Einige Tage später saßen wir also gemeinsam in der Aufführung von Dido und Aeneas. Die Bühne zeigte einen prunkvollen Saal, in dem eine ältere (eiserne?) Lady einen ganzen Hofstaat inklusive Parlament – dargestellt im oberen Teil des Bühnenbilds vom Theaterchor – auf Trab hielt. Im Laufe des Stücks wurde die Bühne zunehmend mit Sand gefüllt, bis die alte Lady schließlich während der berühmten Todesarie der Dido das Zeitliche segnete. Bis dahin wurde auf der Bühne jedoch kräftig getrunken, kopuliert, geschrien und skurril getanzt. Beim Hinausgehen sagte mir eine Schülerin: „Es ist gut, dass Sie Ihre Kinder nicht mitgenommen haben.“

 
 
 

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