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Autorenbildjuergsiegrist

Musikalische Bildung an Mittelschulen

Aktualisiert: 31. Jan. 2020



Die meisten Mittelschulkonzepte in der Schweiz beinhalten auch eine Ausbildung in Kunstfächern. Seit Jahrzehnten gehören dazu in erster Linie das Bildnerische Gestalten und die Musik. Bereits in seiner Ursprungsform gehörte die Musik als wissenschaftliche Kunstform zu den sogenannten «Artes Liberales» des Gymnasiums, die als eigenständige Fachbereiche in der ursprünglichen gymnasialen Ausbildung einen besonderen Stellenwert hatten. Seit dem sind Jahrtausende vergangen. Die Ausbildung in den Kunstfächern spielte während dieser Zeit immer eine grosse Rolle. In der letzten grossen Schweizerischen Maturreform von 1995 wurde der Anteil Kunstausbildung für das Gymnasium schliesslich auf immerhin noch fünf bis zehn Prozent festgelegt. Dabei konnte bisher an vielen Schulen zwischen Musik und Zeichnen gewählt werden.

Als in den 70-er Jahren in der ganzen Schweiz Musikschulen gegründet wurden, konnte mit Hilfe dieser neuen Struktur der instrumentale Unterricht während der Schulpflicht aufgewertet werden. Bis heute bleibt jedoch die Anschlusslösung nach der obligatorischen Schulzeit ungeklärt und viele Jugendliche beenden nach der Schulpflicht ihre instrumentale oder je nach Bildungsweg gar die gesamte musikalische Ausbildung.

An den Mittelschulen hatte jedoch der Musikunterricht auf Grund der humanistischen Tradition immer einen grossen Stellenwert. Dort wird und wurde immer viel musiziert, kreiert und vermittelt. Sucht man in alten Dokumenten nach Mittelschullehrerinnen und Lehrern des Fachberichs Musik, trifft man ab und zu auch auf national bekannte Kapazitäten, die auch ausserhalb ihrer Schule einen musikalisch grossen Wirkungskreis entwickeln konnten. Besonders viele solcher Beispiele finden sich in den ehemaligen Lehrerseminarien, die damals als Berufsbildung im Rahmen einer Mittelschule bereits ab 16 Jahren besucht werden konnten.

Seit dem Jahrtausendwechsel ist bekannterweise die Bildungslandschaft grossen Dynamiken ausgesetzt. Davon sind auch die Mittelschulen betroffen. Insbesondere die neuen Medien haben das Kulturverhalten einer ganzen Generation grundlegend verändert. Musik ist überall und jederzeit verfügbar und neue technische Hilfsmittel ermöglichen, dass jede oder jede mit etwas Geschick in kurzer Zeit ohne viel musikalische Grundkenntnisse Musik produzieren und vermarkten kann. Damit hat sich auch das musikalische Kunstverständnis dramatisch verändert. Mit der immer stärkeren Vermarktung und Sozialisierung der Musik ist in der gesellschaftlichen Wahrnehmung der wissenschaftliche und historische Aspekt des Kunstfachs Musik vermehrt ins Hintertreffen geraten.

Ein moderner Musikunterricht an Mittelschulen sollte daher vermehrt die Musik als vielfältige, anspruchsvolle und reichhaltige Jahrtausende alte Kunstform sinnhaft ins Zentrum rücken. Nur auf diese Weise kann ein differenziertes Kunstverständnis aufrechterhalten und vermittelt werden; fern von Kommerz und Jahresumsatzzahlen.

Schülerinnen und Schüler nehmen solche Inputs dankbar auf und schätzen einen vielfältig gestalteten Musikunterricht. Bildungspolitisch gerät der Musikunterricht, gerade weil er sich nicht direkt in zahlbare Münzen umsetzen lässt, zur Zeit jedoch wieder vermehrt unter Druck. Darunter leiden die Primarschulen, die Musikschulen, die Sekundarschulen und neuerdings wird er auch an Mittelschulen, obwohl er seit Jahrhunderten dort einen wichtigen Platz eingenommen hat, vermehrt in Frage gestellt. Davon zeugen unter anderem auch die neuesten Reformprojekte in Baselland, in denen hemmungslos Instrumentalstunden und anderer musikalischer Fachunterricht ohne Kommentar abgebaut werden.

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