
«How wicked is she?», ist eine zentrale Frage des Musicals «Wicked», das wir mit dem Musicalkurs des Gymnasiums Muttenz aktuell unter dem Workshoptitel «The Witches of Oz» im Roxy in Birsfelden aufgeführt haben. Der Begriff «wicked» stammt vermutlich von „Witch», altenglisch «Wicca», ab. Während «Witch» eher eine weibliche Magierin bezeichnet, bezeichnet «wicked» «boshaft und wild». Im Slang wird «wicked» jedoch auch im Zusammenhang mit Geilheit und Faszination des Anrüchigen verwendet. Als die böse Hexe des Westens ihren reichen Prinzen Fiyero im zweiten Akt zum ersten Mal küsst, sagt sie denn auch: «I really feel wicked», weil sie im Innern genau weiss, dass ihre Liebe Fiyero ins Verderben stürzen könnte.
Das Musical «Wicked» basiert auf dem gleichnamigen Roman von Gregory Maguire, der in den Neunzigerjahren einen ganzen Fantasieroman als Vorgeschichte des Märchens «The Wizzard of Oz» geschrieben hat. Maguire ist Literaturprofessor mit Spezialgebiet Kinderbücher und hat das Buch als Roman für Erwachsene konzipiert. Nach Vorbild von «Herr der Ringe» kreiert der Autor in seinem Buch auf über fünfhundert Seiten eine eigene Welt mit Namen «OZ» inklusive Landschaftskarte und immer nach dem Vorbild des bekannten Kindermärchens «The Wizzard of Oz». Die Stimmung im Buch ist düster und geprägt von seltsamen Ereignissen. Doctor Dillamomond, der in der Musicalversion seine Sprache als phantastisches Tierwesen (im Buch immer als TIER grossgeschrieben) verliert, wird in der Schule «Shiz» unter mysteriösen Umständen umgebracht. Dasselbe Schicksal erfährt Fiyero, als er sich als Revolutionär auf die Seite von Elphaba stellt.
Das prämierte Script des Musicals wurde von Winnie Holzman, einer bekannten Drehbuchautorin, geschrieben und setzt den Roman von Maguire sehr frei um. Während der Roman vor allem aus der Perspektive von Elphaba geschrieben wurde, wird im Musical Galinda als gute Hexe eingesetzt, um der Geschichte einen inhaltlichen Rahmen zu geben. Es werden bühnentaugliche Elemente wie die Ausbildung in Shiz inklusive Schulball oder die Liebesgeschichte zwischen Elphaba und Fiyero besonders herausgestrichen, Morde und brutale Szenen werden grosszügig weggelassen. Somit wurde der Stoff «musical- und massentauglich» und zu einem der erfolgreichsten Broadwaymusical der Geschichte.
«Ich hatte viel Fun bei Eurer Aufführung», sagte mir eine Zuschauerin nach einer Vorstellung. Tatsächlich ist das Gesamtkonzept vom Musical «Wicked» sehr unterhaltsam und mit viel Humor gestaltet und vom ursprünglich düsteren Roman «Wicked» ist nicht mehr viel zu spüren. Wenn ich bei einem solchen Projekt mitarbeite fühle ich mich wie Elphaba auch etwas «wicked» weil viele spannende Ansätze der US-Amerikanischen Kulturgeschichte soaphaft in eine eher belanglose Geschichte zwischen Teenieschulbällen und Liebeszenen stereotyp verwässert werden. Die Zuschauenden treffen auf die erwartete, unterhaltsame Zerstreuung und müssen vermutlich nicht viel nachdenken, obwohl es durchaus Ansatzpunkte dafür gäbe. Beeindruckt hat mich die musikalische Qualität des Stücks. Stephan Schwartz hat kompositorisch viel strukturierter und raffinierter gearbeitet, als ich je erwartet hätte. Leitmotive und Zitate, die bis auf das Lied «Somewhere over the Rainbow» aus dem Film «The Wizard of Oz» zurückgehen sind omnipräsent. Das Musicalprojekt «The Witches of Oz» ist Geschichte am Gymnasium Muttenz. I feel wicked…
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