
Eigentlich hätte es schon im 2020 stattfinden sollen; das grosse Chorspektakel als Eröffnungsevent des Europäischen Jugendchorfestivals in der renovierten St. Jakobshalle gleich gegenüber des FCB-Stadions in Basel. Wir wissen es alle, Corona hat diesen Plänen einen satten Strich durch die Rechnung gemacht und während sich später in Sölden hunderte von Menschen das Virus in Après-Skibars einfangen sollten, wurde das Chorsingen in der Schweiz im Herbst 2020 vollständig verboten (Link). Immerhin konnte im Frühjahr 2021 das Ejcf dann doch noch in reduzierter Form stattfinden, aber an grosse Konzertveranstaltungen war damals nicht zu denken.
Zwei Jahre später sieht es zum Glück wieder um Einiges besser aus und wir haben wieder zu einem normalen Leben zurückfinden können, auch wenn die Masken im Alltag noch nicht ganz verschwunden sind. Am letzten Mittwoch Abend war es dann so weit, und die neueste Ausgabe des Europäischen Jugendchorfestival konnte endlich mit dem länger geplanten, ersten, fulminanten Chorspektakel in der St. Jakobshalle eröffnet werden. Aus alle Ecken und Enden Europas und noch weiter sind die ausgewählten Chöre angereist; Finnland, Georgien, Serbien, die Ukraine, die Philippinen und viele andere Länder mehr sind dabei. Die klangliche und optische Vielfalt war am ersten Abend des Grossevents dementsprechend gross.
Alle Festivalchöre waren während des Konzerts auf vorbestimmten Flächen im Zentrum der Eventhalle auf dem Boden sitzend platziert. Von hier aus konnten sie einzeln direkt zur Bühne aufbrechen und sich ihren Kolleginnen und Kollegen und dem zahlreichen Publikum präsentieren. Weit über tausend jugendliche Sängerinnen und Sänger aus ganz Europa waren an diesem Abend anwesend. Dementsprechend gross war die Spannung und das Staunen über die Vielfalt und doch recht unterschiedlichen sängerischen Gepflogenheiten. Es wurde gestampft, geschrien, getanzt, gewippt und natürlich auf unterschiedlichste Weise im Chor gesungen.
Die Gymnasiast*innen der Chöre aus der Region Basel hatten für dieses Eröffnungskonzert eine eigene Aufgabe. In einem riesigen Chor von rund 350 Jugendlichen hiessen sie die Gastchöre in den legendären, weissen Festival-T-Shirts willkommen. «Diese grosse, weisse Wand hinter der Hauptbühne hat toll ausgesehen», sagte mir anschliessend ein Zuschauer in der Strassenbahn. Andere, zufällige Passanten staunten, welch grosse Menschenmassen am Schluss des Konzerts im St. Jakob gerade der Halle entströmten. «Was war denn hier für eine Veranstaltung?» fragte mich ein Passant. «Das grosse Chorspektakel des Europäischen Jugendchorfestivals», antwortete ich. «Ah ja, ich habe auch eine Kollegin, die in einem Chor singt», antwortetete er, und wandte sich wieder seinem Freund zu.
Mit Frau Baume-Schneider war auch der Schweizer Bundesrat in Persona anwesend. In einer stimmigen Ansprache wies sie darauf hin, dass eine derartige Veranstaltung Friedensförderung im besten Sinne sei, und Hoffnung auf eine friedliche Zukunft mache. Im «Song of Hope» wurde diese Vision von allen Chören auf eindrückliche Weise auch musikalisch zum Ausdruck gebracht.
Heute, an Auffahrt, hat das Festival schon voll Fahrt aufgenommen. Gottesdienste werden mitgestaltet, Gymchöre singen im Stadtcasino, Kinderchöre in der Martinskirche und im Kuspo Pratteln, an der Musikakademie findet ein Chorleitungstreffen statt und Abends singen die Festivalchöre an grossen Konzerten in der ganzen Region.
In der Stadt ist am Donnerstag Abend dann plötzlich auch «rot-blau» mit Bier angesagt und Chorgesänge werden in der Innenstadt mit Fangesängen aufgemischt. Alle singen sie mit Inbrunst und Hingabe. Während der FCB-Fanmarsch anschliessend von gegnerischen Fans angegriffen wird und Wasserwerfer eingesetzt werden müssen, nahm das Eröffnungskonzert des Europäischen Jugendchorfestivals mit dem Schlussstück «Circuit» am Abend zuvor eine andere, eher unerwartete Wendung. Das Stück hat in eindrücklicher Form zum Ausdruck gebracht: Alles ist im Fluss, alles wiederholt sich, entwickelt sich und entsteht doch wieder neu; so auch das Europäische Jugendchorfestival nach der Coronazeit.
P.S.: Das Stück «Crowd Sounds», das ich für die Ausgabe des Festivals im Jahre 2018 geschrieben habe, beginnt mit den Tönen F-C-B; warum wohl…?


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