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Autorenbildjuergsiegrist

Braucht Liestal eine Stadthalle?

Aktualisiert: 27. Apr. 2022



Seit meiner Kindheit bin ich als ehemaliger „Basler Sängerknabe“ kulturell aktiv und habe unzählige Konzertveranstaltungen auf dem Land und in der Stadt erlebt und mitgestaltet. Was als Kind noch eher unklar fassbar war, hat sich in der Erwachsenenzeit immer mehr zum Grundtenor entwickelt: Während Basel sich als kulturelles Zentrum versteht und weiterentwickelt, hat der Kanton Baselland keine zentralen Orte, wo das auf ähnliche Weise stattfinden kann. Jede Gemeinde hat ihre eigene politische Dynamik und die kantonale Zusammenarbeit und Identifikation beschränkt sich im kulturellen Bereich in erster Linie darauf, wo sie gerade nötig ist. Gleichzeitig ist oft auch so etwas wie ein politisches Tauziehen zwischen den einzelnen Regionen auszumachen.

Im Jahre 1983 feierte der Kanton Baselland selbstbewusst sein 150-jähriges Jubiläum. Damals neunjährig kann ich mich gut an den Jubiläumsakt mit großem Festumzug mit Feuerwerk und prominenten Gästen im Schänzliareal erinnern, an dem sich alle Baselbieter Gemeinden gemeinsam präsentiert haben. Die historische Aufarbeitung der Geschehnisse und das eher schwierige Verhältnis zu Baselstadt mit ernüchternden Abstimmungsresultaten haben dazu geführt, dass die Feierlichkeiten fünfundzwanzig Jahre später wesentlich weniger ausladend ausgefallen sind. Hat unser Kanton eventuell ein Problem mit der eigenen Identitätsfindung?

Die Geschichte kultureller Veranstaltungsorte ist in Baselland auf Grund der Topografie in erster Linie eine Gemeindegeschichte. Vor Jahrzehnten wurden im unteren Baselbiet mehrere „Kuspos“ gebaut. Sie sind punkto Infrastruktur mittlerweile etwas in die Jahre gekommen, werden aber immer noch rege genutzt. Für größere Aufführungen sind diese Zentren nur bedingt geeignet, Feiern, größere Gemeindeanlässe und Proben finden dort nach wie vor sehr häufig statt. Zusätzlich gibt es im Kanton etliche Kirchen, die für Konzerte gut geeignet sind. Oftmals muss dort die Infrastruktur jedoch aufwendig aufgestockt werden.

Bei Neubauprojekten hat der Kanton Baselland in jüngster Zeit kulturpolitisch aus Sicht von Veranstaltungsmöglichkeiten nicht unbedingt weitsichtig gehandelt. Das Fachhochschulgebäude in Muttenz, das hunderte Millionen von Franken gekostet hat, ist für kulturelle Veranstaltungen im Bereich Performance schlicht nicht sinnvoll nutzbar. Die Dreispitzhalle, die sich als Veranstaltungsort zu wenig etablieren konnte, wurde jüngst vom Kunsthaus Baselland bezogen.

Wenn immer möglich, versuche ich daher in der Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, dass der Kanton im Bereich der Planung und Unterstützung von größeren Veranstaltungslokalen aktiver werden müsste. Immerhin hat der Kanton Baselland mehr Einwohner als der Basler Stadtkanton. Kürzlich habe ich an einer Kulturveranstaltung einmal mehr explizit darauf hingewiesen, dass es in Baselland an grösseren Veranstaltungsorten fehle. Ein anwesender Landrat wusste doch tatsächlich nichts Besseres, als darauf hinzuweisen, dass man ja vermehrt mit dem neuen Theater im Jura (!) zusammenarbeiten könne. Kein Wunder, die Veranstaltung fand ja auch im Laufental statt. Da haben wir sie wieder, die kulturpolitisch typische Baselbieter Verzettelung.

Interessanterweise sind jüngst wieder mehr Initiativen auf Gemeindeebene entstanden. In Arlesheim wird ein neuer Gemeindesaal für kulturelle Anlässe gebaut, Muttenz ist dabei, endlich den Mittenzasaal zu erneuern. Offenbar spielt der finanzielle Spielraum grösserer Gemeinden eine entscheidende Rolle für derartige Entwicklungen.

Stimmen die finanziellen Rahmenbedingungen nicht, haben es Projekte für neue, aufwendigere kulturelle Veranstaltungsräume jedoch häufig schwer. Dies hat auch die jüngste Abstimmung zum Dom in Aesch gezeigt.

Braucht Liestal also eine neue Stadthalle? Wenn man die Kantonshauptstadt als regionales und kulturelles Zentrum weiter entwickeln will, braucht es diese sogar dringend! Ohne Hilfe des Kantons wird das Städtchen ein derartiges Mammutprojekt jedoch nur schwer stemmen können. Aber vielleicht zieht man es ja weiterhin vor, in Zukunft am luxuriösen, neuen Bahnhof in den Zug zu sitzen und für größere Aufführungen ans Theater Basel zu fahren. Das ist eh günstiger und die Stadt schwimmt ja im Geld.


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