Momentan kann man öfters den Satz lesen: "Das Virus kennt keine Grenzen". Gleichzeitig fIndet jedoch so etwas wie ein kantonaler Wettbewerb der besten Krisenbewältigung statt. Regelmässig werden in den Medien Politikerinnen und Politiker befragt, was denn ihr Kanton in dieser Krise besonders gut mache. Begonnen bei den Bündner Massentest; über den Walliser Lockdown zum Schutz des Skitourismus; über das Vorpreschen der französischen Schweiz, um später verfrüht wieder die Restaurant zu öffnen; Zürcher Vorzeigestudien, die regelmässig in den Medien zitiert werden; bis zu den neuesten Diskussionen zu erfolgreichen oder nachlässigen Impfkantonen. Von Zusammenarbeit und gemeinsamer Unterstützung ist nicht viel zu merken und die Landesregierung beschränkt sich darauf, in dieser Kakophonie des Föderalismus den epidemisch nötigen Mindestrahmen vorzugeben. Wahrscheinlich hat sie keine andere Wahl.
Manchmal geht es jedoch auch anders. Als sich im Zuge der Neugründung der Fachhochschule Nordwestschweiz vier Kanton zusammenraufen mussten, entstand in diesem Umfeld die Idee, im Bildungsektor auch auf anderen Ebenen stärker zusammenzuarbeiten. Seither findet im Bildungsraum Nordwestschwein ein regelmässiger Austausch zu gemeinsamen Bildungsfragen und Konzepten statt. In einem eher liberalen Klima des Dialogs wurde damals die sogenannte "gelenkte Freizügigkeit" geschaffen, nach der auf der Sekundarstufe II Schülerinnen und Schüler nach Möglichkeit über die Kantonsgrenzen hinweg den Schulstandort selber wählen konnten. Dieses Modell hat in den letzten Jahren gar nicht so schlecht funktioniert, weil dadurch auf wechselnde Schülerzahlen und sonstige Fluktuationen recht flexibel reagiert werden konnte. Da gewisse Kantone mehr Planungssicherheit haben wollten und auch Restrukturierungen ins Auge gefasst wurden, musste die gelenkte Freizügigkeit vor einiger Zeit aufgegeben werden. Explizite Anmeldungen bei Standorten in anderen Kantonen waren jedoch bei Bedarf immer noch möglich.
Seit wenigen Jahren ist zusätzlich auch in der Frage der Schulstandorte der Sekundarstufe II im Bildungsraum Nordwestschweiz mehr Dynamik aufgekommen. Dies hat mehrere Gründe. Einerseits rechnen alle Kantone in den nächsten Jahren mit wachsenden Schülerzahlen. Dies führt dazu, dass längerfristig im Fricktal ein neues Gymnasium gebaut werden soll. Zusätzlich muss die teilweise schon in die Jahre gekommene Infrastruktur, die auf Grund hoher Schülerzahlen an vielen Standorten an ihre Grenzen kommt, saniert und erweitert werden. Die Wahlmöglichkeit hat unter anderem dazu geführt, dass die Schülerinnen und Schüler häufiger Standorte im städtischen Zentrum wählen. Dafür dürfte es verschiedene Ursachen geben, die jüngsten Entwicklungen hatten jedoch auch vermehrtes Ungleichgewicht der Schülerströme zur Folge.
Nun war in den letzten Tagen den Medien zu entnehmen, dass mit der Möglichkeit, die Mittelschule in einem anderen Kanton zu besuchen, nun längerfristig
endgültig Schluss sein soll. Damit will man zu einem Modell zurückkehren, das Planungssicherheit und Nähe zu den entsprechenden Schulstandorten und zur politischen Hoheit sicher stellen soll. Der Vorteil dieses Modells ist, dass Dynamiken und Fluktuationen gemindert werden können und somit längerfristig wieder mehr Ruhe in die Frage der Schülerzahlen an den einzelnen Schulstandorten einkehren könnte. Ob dabei jedoch stur nach Kantonsgrenzen agiert werden kann, scheint mir jedoch etwas fragwürdig, weil gerade ein Mindestmass an Austausch und Flexibilität im Bildungsraum dem System die gewünschte Stabilität und Ausgewogenheit in einer Phase des Wachstums ermöglichen könnte. Nicht nur das Virus auch die Bildung kennt im Grunde keine Grenzen.
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