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Autorenbildjuergsiegrist

Baselbieter Sozialhilfe

Aktualisiert: 31. Jan. 2023





Es wird fast täglich darüber berichtet: Die Lebenskosten steigen und steigen und somit auch die Krankenkassenprämien. Mit drei Kindern müssen auch wir eine sehr hohe Prämienlast pro Jahr tragen. Wir sprechen hier von einem erheblichen, fünfstelligen Betrag pro Jahr. Darf «Kinder haben» eine Armutsfalle sein? Was ist mit Familien, die über wesentlich geringere Einkommen als wir verfügen können? Besonders schwierig dürfte es dann werden, wenn Eltern die Prämien für ihre Kinder nicht mehr zahlen können und verheerende Versäumnisse entstehen. In diesem Fall kann es aktuell gar so weit kommen, dass Jugendliche bereits mit achtzehn Jahren ihr Leben als Erwachsene auf einem unverschuldeten Schuldenberg beginnen müssen, den ihnen ihre Eltern hinterlassen haben.

In den Medien wird zurzeit viel über die riesigen Geldsummen berichtet, die jährlich vererbt werden. Doch was ist mit vererbten Schulden und sonstigen Benachteiligungen? Arme Menschen sind erwiesenermassen deutlich häufiger krank als reiche. Oft ist auch die Krankheit Grund für die Armut oder die Armut macht krank; ein verheerender Teufelskreis, der dann zu drehen beginnt. Es kann im Grunde alle treffen.

Menschen sind somit nicht primär «schuld» an ihren eigenen finanziellen Verhältnissen. Sie werden in familiäre und soziale Strukturen hineingeboren und sind diesen und ihren Schicksalsschlägen willkürlich ausgesetzt. Glücklich sind diejenigen, die persönlich und finanziell unter diesen Voraussetzungen erfolgreiche Lebensmodelle aufbauen können. Andere haben Pech und können schlimmstenfalls schon jung ihre eigene Lebenskosten nicht mehr begleichen. Wie soll da noch Motivation und Engagement für engagierte Erwerbsarbeit aufkommen?

Sozialhilfesysteme sind dazu da, auf diese Fragen möglichst tragfähige Antworten zu finden. Vor Kurzem hat sich auch der Kanton Baselland mit einem neuen Sozialhilfegesetz auseinandergesetzt. Ein wichtiger Aspekt der Vorlage war, dass versucht wurde, finanzielle Anreize zu schaffen, damit Betroffene sich wieder von der Sozialhilfe lösen können. Nach zwei Jahren müssen daher Sozialhilfebeziehende einen zusätzlichen Abzug hinnehmen, der die ohnehin schon knapp bemessene finanzielle Unterstützung noch zusätzlich reduziert. Genau dieser Aspekt war in der Vorlage heftig umstritten, da bisher mit vergleichbaren Modellen keine starke Wirkung erzielt werden konnte und ähnliche Vorlagen in anderen Kantonen strikt abgelehnt wurden.

Tatsächlich sind in den letzten Jahren die Sozialhilfekosten im Kanton Baselland merklich gestiegen. Zusätzlich belasten Langzeitbeziehende Staats- und Gemeindekassen. Es geht um Millionen, die der Staat hier jährlich aufbringen muss. Bezogen auf die Anzahl Einwohner ist die Quote der Sozialhilfebeziehenden in den letzten Jahren jedoch recht stabil geblieben. Die steigenden Kosten entstehen also eher durch Zuwanderung und Bevölkerungswachstum und nicht auf Grund grosser sozialer Wandlungen.

In einer Gesellschaft, wie wir sie in der Schweiz vorfinden, lässt sich vermutlich nicht vermeiden, dass gewisse Menschen in Krisen nur schwer wieder im Alltag Tritt fassen können. Im Erwerbsleben wird zusätzlich oft wenig Rücksicht auf Betroffene genommen. Es ist eine wichtige öffentliche Aufgabe, in solchen Fällen unterstützend einzugreifen, dies vor allem auch zum Schutz der betroffenen Familien und Kinder.

Das Zusammenwirken Betroffener mit Anlaufstellen und Präventionsmassnahmen, wie sie im neuen Gesetz auch vorgeschlagen sind, können helfen. Wenn jemand jedoch schon in einer Krise steckt, sind finanzielle Anreize zur Besserung meiner Ansicht nach nicht zielführend. Ein Sozialhilfebeziehender ist nicht einfach ein Schmarotzender, sondern viel mehr ein bedürftiger Mensch, der in erster Linie auf Unterstützung angewiesen ist. Eine wichtige tragende Säule, die nicht einfach nach zwei Jahren willkürlich gekürzt werden darf.

Am Ende müssen wir uns vergegenwärtigen, dass jede oder jeder von uns in eine Krise abrutschten kann. Hier wirksame, finanzielle und soziale Auffangnetze bereitzustellen, ist wichtig. Persönliche Schicksale jedoch gleichzeitig mit längerfristigen, finanziellen Einbussen abzustrafen ist meiner Ansicht nach falsch und geht von einer materialistischen Grundhaltung aus, die Menschen in Krisen häufig eh schon lange hinter sich gelassen haben. Meines Wissens kennt kein Kanton in der Schweiz ein derart extremes Vorgehen ausser unser Wohn-Kanton….schon etwas beschämend…

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