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von Jürg Siegrist

Pädagogische Hochschullandschaften

Aktualisiert: 22. Nov. 2019


Die Pädagogische Hochschule der FHNW ist in den letzten Tagen in die Schlagzeilen der Printmedien geraten. Tatsächlich sind die genannten Kritikpunkte bei Weitem nicht neu und existieren bereits seit der Gründung der Fachhochschule Nordwestschweiz vor rund zehn Jahren. Vorher gab es in Baselland das Lehrerseminar in Liestal, das erst 1966 gegründet worden war und eigentlich keinen schlechten Ruf besass. Die Ausbildungen für die Sekundarlehrpersonen fanden getrennt an der Universität und dem damaligen pädagogischen Institut in Basel statt. Die damaligen Institutionen verfügten über ein starkes Netzwerk mit der lokalen Schulpraxis. Ich war selber als Experte bei mehreren Eignungsprüfungen in Liestal anwesend und habe mehrere Dozentinnen und Dozenten persönlich gekannt, mit denen fachliche Fragen auf Augenhöhe spannend und anregend diskutiert werden konnten.

Ganz anders nehme ich die Pädagogische Hochschule seit ihrer Gründung wahr. Als nationales oder internationales Prestigeprojekt musste plötzlich alles ganz anders und viel besser und vor allem wissenschaftlicher werden. Vieles wurde aber eigentlich nur zu altem Wein in neuen Schläuchen. Dozentinnen und Dozenten waren nun plötzlich Professorinnen und Professoren, fachliche Inhalte wurden zu Fachwissenschaften erklärt, obwohl sie sich nicht gross von den Inhalten des ehemaligen Lehrerseminars unterschieden. Gleichzeitig entstand der Eindruck, dass sich um die pädagogische Hochschule so etwas wie ein mehrkantonales Ringen entwickelte. Anders lassen sich meiner Meinung nach gewisse Prozesse nicht erklären. Die neue Hochschule war somit über Jahre hinweg eher mit sich selber und ihrem Prestige zwischen vier verschiedenen Kantonen als mit ihrer wirklichen inhaltlichen Ausrichtung beschäftigt. Dabei war der Kanton Baselland vorwiegend passiver Zuschauer und liess sich immer wieder von Bildungswissenschaftlerinnen und Bildungswissenschaftlern überzeugen, dass man in Form dieser Institution einen einmaligen Leuchtturm der Bildungswissenschaften errichtet habe. Zementiert wurde das mit dem Einzug in einen 300 Millionen schweren Neubau in Muttenz, der am Anfang vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, speziell der Musikabteilung, die in schlecht durchlüfteten, fensterlosen Zimmern arbeiten musste, im wahrsten Sinne Kopfschmerzen bereitete. "Na, habt ihr bei euch auch so eine schönen Ausblick, wie hier bei uns?" sagte mir unlängst ein ehemaliges (und davon gibt es viele) Kadermitglied der Pädagogischen Hochschule beim Kaffee im obersten Stock des Neubaus. Mein Antwort lautete trocken. "Nein, aber wir können jetzt tagtäglich euren kolossalen, tollen Neubau von unsern Fenstern aus bewundern."

Die Entwicklung scheint mir nicht weniger als tragisch zu sein. Man wollte mit gigantischem Aufwand grosses erreichen, hat bisher jedoch bei vielen Studentinnen und Studenten mit ihren Praxislehrpersonen immer wieder vor allem Unzufriedenheit und Ratlosigkeit geerntet. Ich wünsche mir eine Pädagogische Hochschule, die sich, wie es durchaus auch in anderen Abteilungen der Hochschule schon der Fall ist, vermehrt ernsthaft um die Bedürfnisse ihrer Studentinnen und Studenten kümmert und genauer hinhört. Gleichzeitig muss die Zusammenarbeit mit der regionalen Berufspraxis dringend weiter gestärkt werden. Ein Wissens- und Erfahrungstransfer könnte für beide Seiten enorm gewinnbringend sein. Nur so besteht die Chance, dass die pädagogische Hochschule ihre Qualität verbessern und sich in unmittelbarer Zukunft von einem kollossartigen Gebilde doch noch zu einem Leuchtturm entwickeln kann.



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