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von Jürg Siegrist

Hornbachs Morgenstimmung oder die Renaissance der Renaissance


Sie läuft momentan fast auf allen Fernsehkanälen. Die neue Werbung der Baumärkte von Hornbach. Die letzte Version der Frühjahrswerbung hat bei gewissen Kreisen auf Grund seiner klischierten Position zur übertechnisierten asiatischen Welt einen regelrechten Shitstorm ausgelöst. Hornbach versucht mit seinen Werbefilmen seit längerem mit geschickten Konzepten und Provokationen Aufmerksamkeit zu erzeugen. Um so mehr erstaunt nun der neueste Werbespot des Konzerns. Ist er als eine direkte Folge des vorher beschriebenen Konflikts zu verstehen? Auf jeden Fall ist mir selten ein Werbespot derart aufgefallen.

Beim ersten Hinhören hört sich die Musik wie von einer anderen Welt, oder besser einer anderen Zeit, an. Im Netz gibt es denn auch viele Reaktionen auf die im Spot wirklich auffallend schön gesetzte Chormusik, die derart geschickt mit dem Spiel von Dissonanzen und Auflösungen umgeht, wie es fast nur zur Zeit der späten Renaissance der Fall war. Die aufsteigenden Linien zwischen den einzelnen Chorstimmen entsprechen dem gewählten Motiv der aufgehenden Sonne und sind dreiklangsartig stark in der Europäischen Musikkultur verwurzelt.

ich habe den Komponisten der Musik, Benoît Lefèvre, angeschrieben und wollte wissen, wie er die Musik komponiert hat. Er hat tatsächlich geantwortet und seine Vorliebe für Vokalpolyphonie der Renaissance bestätigt. Zusätzlich war etwas religiös-mystisches gewünscht. Natürlich ist die Musik wie oft in der Werbung auch hier etwas klischiert und doch zeigt sie auf eindrückliche Weise auf, welche fantastische Klangwelten in alten Vokalpolyphonien stecken können. Bei einer blossen Werbemusik ist diese Raffinesse in der Regel nicht zu erwarten. „Hornbach, der Morgen gehört uns“ so lautet der Slogan der Kampagne. Der wirklich magische Moment des Spots entsteht jedoch mit Hilfe der Musik. Der Mensch ist dabei voll und ganz Teil seiner unmittelbaren Umwelt. Ohne Digitalisierung und technischen Firlefranz. Diese Art Neohumanismus ist mir durchaus sympathisch.

Der Slogan "der Morgen gehört uns" könnte jedoch unter gewissen Umständen durchaus als neue Provokation dem asiatischen Raum gegenüber verstanden werden. Oder denke ich hier zu weit?

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